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Männer wirken im Prozess der Gleichstellung von Mann und Frau mit

Dezember 2016
Dass Männer den Prozess der Gleichstellung von Mann und Frau aktiv unterstützen und dem nicht skeptisch oder feindlich gegenüberstehen, wird in einem Artikel von Elisabeth Kelan, Professorin für Leadership in Cranfield University UK, herausgestellt. Im Fokus ihrer Studie stehen Männer des Mittleren Managements, wie sie ganz praktisch im Arbeitsalltag in diesem Prozess mitwirken.

Diesen Artikel habe ich als Grundlage für meinen Vortrag auf der Diversity Fachtagung an der Leibniz Universität Hannover 9. September 2016 genommen, da m.E. unsere Diversity Bemühungen, bei denen es um Identität geht, nicht zum Selbstzweck werden sollen. D.h. im Gleichstellungsprozess: Männer und(!) Frauen mögen in ihrer Verschiedenheit lernen, auf gleicher Augenhöhe gern miteinander zu kooperieren....

Männer wirken im Prozess der Gleichstellung von Mann und Frau mit

Die Bedeutung des Mittleren Managements für Gender Parity in einer Organisation

EINLEITUNG

Ganz allgemein ausgedrückt, befasst sich die Forschung zu Diversity & Inclusion mit klischeehaften Konstrukten, die oft benutzt werden, um Menschen zu kategorisieren. Die Kategorisierungen basieren auf Kennzeichnungsweisen mit bestimmten physischen oder sozialen Merkmalen. Diese aus Eigeninteresse geborenen Unterscheidungen haben sich im Laufe der Zeit zu stereotypen, wirklichkeitsfremden Konstrukten hinsichtlich Hautfarbe, Geschlecht, Nationalität und ethnischer Zugehörigkeit verdichtet und sich im Fokus unseres Selbstverständnisses als auch im Verständnis für „das Andere“ eingeschlichen und festgesetzt. Diese stark fragmentierte gesellschaftliche Realität, die wir um uns herum vorfinden, ist zum Teil eine Folge dieser enggefassten Identitätskonstrukte und 

–zuschreibungen (ISGP 2009).

Um die mit den Kategorisierungen einhergehenden Diskriminierungen zu beheben, werden meistens einseitige Bemühungen an den Tag gelegt, die lediglich die Förderung der bislang benachteiligten ‚Gruppierungen‘ in dem System mit der dominierenden Gruppierung zum Ziel haben (Detweiler 2011). Dies gilt auch für den Prozess der Gleichstellung von Frau und Mann. 

Seit den 90-er Jahren wird die Frage aufgeworfen, ob und wie es durch zunehmende Bewusstheit und Thematisierung von ungerechten Verhältnissen nicht zu einer enggefassten Identität und zur Stärkung der trennenden Unterschiede kommt. Die übergreifende Frage ist: Wie vermeiden wir, dass Kämpfe, bei denen es um Identität geht, zum Selbstzweck werden (ISGP 2009)? Männer und Frauen sollen in ihrer Verschiedenheit lernen, miteinander so umzugehen, dass Kooperation möglich ist (Rastetter 1998). 

STUDIE  VON  ELISABETH  KELAN

In diesem Beitrag wird eine Studie von Elisabeth Kelan (2015) vorgestellt. Ihre Studie befasst sich mit unterstützenden Praktiken von Seiten der Männer in Führungspositionen zum Gleichstellungsprozess – als „Gender Inclusive Leadership“ bezeichnet – und nicht wie sonst üblich, dass die hinderlichen Verhaltensweisen der Männer und Diskriminierungen aufgezeigt und erörtert werden. Kelan geht von einer McKinsey Studie (2012) aus, die besagt, dass zwar CEOs Gender Parity als strategische Priorität befürworten, jedoch nur 13% des mittleren Managements  - die Ebene, auf der die Umsetzung einer vom Top Management vorgegebenen Strategie in das unmittelbare Arbeitsumfeld erfolgt -  die Bewusstheit haben im Prozess mitwirken zu können. 

Kelan untersucht die kleinen, unauffälligen Praktiken (micro-practices) des mittleren Managements im Arbeitsalltag, die zu Gender Inclusive Leadership führen können. Da hierbei der Fokus auf den unbewussten, subtilen Elementen im Verhalten und damit auf der Qualität lag, wurde die Zahl der Probanden extra klein gehalten. Eine breite Streuung war nicht das Ziel. Drei Manager (aus Österreich, Deutschland, Groß Britannien) aus unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen hatten eingewilligt, sich über eine Woche „beschatten“ zu lassen (Job Shadowing). Zudem wurden 360Grad-Interviews mit 23 Mitarbeiter/innen (12f, 11m) aus dem Arbeitsumfeld des jeweiligen Managers geführt – Kolleg/innen von der Senior- und Juniorebene -, um deren Perspektiven zu diesen Mikropraktiken mitzuberücksichtigen. Es war jedoch eine Herausforderung, dies zu tun, weil die Interviewten diese Ebene der Mikropraktiken zum Einen gar nicht erkannten, zum Anderen sie als irrelevant ansahen und kaum darüber sprechen konnten. 

Kelan fasst ihre Beobachtungen und Interviewaufzeichnungen zur Frage „Wo können Männer des Mittleren Managements Gender Inclusive Leadership praktizieren?“ in vier Wirkungsbereiche zusammen:

 

Vier Wirkungsbereiche

1. Wertschätzung und Ermutigung von Frauen

- Sicherstellen, dass ihre Skills von anderen bemerkt werden

- Bestrebt sein, dass Frauen Gelegenheit zur Förderung ihrer Karriere ergreifen

 

2. Sich für den Erfolg von Initiativen zur Gleichstellung einsetzen

- Solche Initiativen unterstützen und dafür gerade stehen

- Sicherstellen, dass andere Menschen die Bedeutung solcher Initiativen erfassen

 

3. Übliche Praktiken am Arbeitsplatz hinterfragen

- Gender-spezifische Redensarten erkennen, um Ausgrenzungen zu meiden

- Familiäre Verpflichtungen offen angeben und denen ohne Ausreden nachgehen

 

4. Gender Bias sich selbst und anderen bewusst machen

- Andere Menschen darauf taktvoll aufmerksam machen

- Potentielle Gender Bias in Situationen erkennen und entgegenhandeln

Mehrere Szenarien aus dem Arbeitsalltag werden beschrieben, in denen die Dialoge bzw. die Gespräche in Meetings den kritischen Moment des Managers herausstellen, wo dieser Manager durch sein Verhalten und seine Bemerkungen Gender Inclusive Leadership an den Tag legt bzw. nicht legen kann. 

Zum besseren Verständnis wird ein Beispiel aus dem Wirkungsbereich 4 aufgeführt:

In einem Meeting geben Sprecher/innen diverser Abteilungen eines Unternehmens einen Report. Hier ist es üblich, dass der/die Sprecher/in nach dem Report den/die stellvertretende/n Sprecher/in fragen, ob sie etwas ergänzen möchten. Carina als Sprecherin nimmt mit Peter, dem stellvertretenden Sprecher, an diesem Meeting teil. Die Zeit des Meetings ist schon weit überschritten, als der Chef Carina das Wort erteilt. Jedoch fängt sie nicht gleich an zu sprechen. Der Chef schaut Peter an und deutet ihm mit einem Kopfnicken an, er möge doch berichten. Wie soll sich Peter in dieser brenzligen Situation verhalten?

A: Peter berichtet selbst
B: Peter sagt: "Du bist dran, Carina!"
C: Peter schau Carina an und wartet, bis sie beginnt.

 

Zu A: Würde Peter der Anweisung des Chefs folgen und selber berichten, hätte er Carina beiseite geschoben und somit ihre Führungsqualität in Frage gestellt. 

Zu B: Diese Bemerkung würde als eine Bevormundung und herabschätzende Haltung von Peter gegenüber Carina wirken.

Zu C: Hier erfolgt eine non-verbale Kommunikation. Peter gibt Carina den Raum zu sprechen. Er gibt dem Druck des Chefs nicht nach; er ist sich der daraus resultierenden Dynamik (s. Auswirkungen A und B) bewusst und wirkt/handelt dem entgegen. 

 

SCHLUSSFOLGERUNGEN

Mit Kelans Studie konnten mit dem Fokus auf Mikropraktiken im Arbeitsalltag Bereiche aufgezeigt werden, wo Männer des Mittleren Managements Gender Inclusive Leadership entwickeln können. Dazu sind bestimmte Fähigkeiten erforderlich:

*Selbst-Reflexion betreiben

Sie setzen sich regelmäßig mit ihrem Führungsstil auseinander, wen sie in bestimmten Situationen ausgegrenzt bzw. inkludiert haben und suchen nach Alternativen, um in der nächsten Situation besser Inclusive Leadership zu praktizieren.

*Empathie für Andersartigkeit entwickeln

Sie überwinden die Neigung, nur mit ähnlich denkenden und handelnden Personen zusammenzuarbeiten. Sie wenden sich bewusst jenen zu, die „anders“ sind als sie selbst.

Kelan misst den Männern des Mittleren Managements eine entscheidende Rolle bei  - sie seien Dreh- und Angelpunkt „Linchpin“ -  , die Gleichstellung von Frau und Mann im Unternehmen voranzubringen.

OFFENE  FRAGEN

*Wie können Männer des Mittleren Managements für Gender Inclusive Leadership motiviert werden?

*Wie können Männer (und Frauen) motiviert werden, über Maskulinität (Femininität) zu reflektieren und diese vielleicht neu zu definieren? Welche systemimmanenten Zwänge würden sie dabei entdecken?

*Wie können Männer und Frauen den Prozess der Gleichstellung in einer konstruktiven und integrativen Weise angehen?

LITERATUR

Bentley, Trevor u Clayton, Susan (1998), Profiting from Diversity

Detweiler, Mitra (2011), Wieviel Vielfalt verträgt die Organisation?, diversitas – Zeitschrift für Managing Diversity und Diversity Studies

Kelan, Elisabeth (2015), Linchpin – Men, Middle Managers and Gender Inclusive Leadership, Cranfield University, School of Management, www.cranfield.ac.uk/som/research-centres/global-centre-for-gender-and-leadership/gender-inclusive-leadership  , 12.08.2016

ISGP Institute for Studies in Global Prosperity (2009), Advancing Toward Equality of Women and Men, www.globalprosperity.org/documents/ISGP_Advancing_Toward_the_Equality_of_Women_and_Men.pdf?2ddadebc, 12.08.2016

McKinsey (2012), Women Matter 2012: Making the Breakthrough, 

www.mckinsey.com/client_service/organization/latest_thinking/women_matter in Kelan (2015);

http://www.mckinsey.com/business-functions/organization/our-insights/women-matter , 02.10.2016 

Rastetter, Daniela (1998), Männerbund Management, ZfP

 

Anhang

http://www.detset.com/uploads/datei/1482140477.GIL_PosterA0_06_Druck.pdf

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